Königskinder

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1) Es waren zwei Königskinder,
Die hatten einander so lieb,
Sie konnten zusammen nicht kommen,
Der See war viel zu tief.

2) Denn zwischen den Eltern der beiden
War ewiger Zank und Streit,
Und zwischen den Liebenden beiden
Da lag ein See so breit.

3) Einst bracht eine weisse Taube
Dem Königssohn ein Brief :
Er solle dem Strande zueilen,
Sobald sein Vater entschlief.

4) „Ach Liebster, kannst du schwimmen,
So schwimme her zu mir.
Drei Lichter, die will ich anzünden,
Die sollen leuchten dir.“

5) Das hörte die falsche Nonne
In ihrem Schlafkämmerlein.
Sie tät die Lichter ausblasen,
Der Jüngling fiel in den See.

6) Es war gerade Sonntag,
Die Leute waren alle so froh ;
Nur eim’ der Königskinder
Sein Aeugelein tränten so.

7) „Ach Mutter, liebste Mutter,
Zur Kirche kann ich nit gehn,
Ich muss ein wenig spazieren
Und beten am rauschenden See.“

8) ‚Ach Tochter, liebste Tochter,
Allein kannst du nit gehen.
Frag du deine jüngste Schwester,
Die kann ja mit dir gehn.‘

9) „Ach Mutter, liebste Mutter,
Meine Schwester ist viel zu jung.
Sie pflücket ja alle die Blümelein,
Die an dem Ufer seind.“

10) ‚Ach, Tochter, liebste Tochter,
Allein kannst du nit gehen,
Nimm deinen jüngsten Bruder,
Er wird schon mit dir gehn.‘

11) „Ach Mutter, liebste Mutter,
Mein Bruder ist viel zu jung.
Er schiesset mir alle Vögelein,
Die auf der Heide seind.“

12) Die Mutter ging in die Kirche,
Das Mädchen ging seinen Gang.
Sie ging wohl an dem See entlang,
Wo sie den Fischer fand.

13) „Ach Fischer, liebster Fischer,
Wollt Ihr verdienen guten Lohn,
So werfet Euer Netzchen ins Wasser
Und fischt mir den Königssohn.“

14) Den ersten Fisch, den er fanget,
Das war der Königssohn.
„Ach Fischer, allerliebster Fischer,
Ihr habet verdient guten Lohn.“

15) Sie nahm den toten Jüngling
In ihre Arme schneeweiss :
„Ach Jüngling, könntest du reden,
Ich gäbe mein Königreich.“

16) Was zog sie von ihrem Finger ?
Ein Ring von Gold so rot :
„Nimm hin, du armer Fischer,
Kauf deinen Kindern Brot !“

17) Was zog sie von ihrem Halse ?
Ein Kette von Diamanten so schwer :
„Nimm hin, du guter Fischer,
Für deinen verdienten Lohn !“

Source :
« Verklingende Weisen, Lothringer Volkslieder », Louis Pinck, vol. 2,  page 85 (voir bibliographie)

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