Der ewige Jud

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1) Nun höret an, ihr Christenleut,
Bei dieser höchst betrübten Zeit,
Ein Wunderwerk tu ich euch kund :
Merket auf mit Fleiss zu dieser Stund !
 
2) Was sich vor achtzehnhundert Jahr
Achtzig und zwei, und das ist wahr,
Hat zugetragen zu Jerusalem
Von einem Juden so gar verblend’t.
 
3) Herr Jesus Christus, Gottessohn,
Wollt auf den Berg Calvariae gehn,
Wollt leiden für das menschlich Geschlecht,
Er wird von einem Jud geschmäht.
 
4) Ein schweres Kreuz er auf sich nahm.
So das unschuldig Gotteslamm,
Vor eines Juden Haus es kam,
Mit seinem Kreuz dort niedersank.
 
5) Der Jud kommt aus seim Haus geschwind,
Hat auf seim Arm ein kleines Kind,
Ahasverus wird er genannt,
Ein Schuhmacher von seiner Hand.
 
6) Der stösst ihm auf sein Rücken dar,
Auf seinen Leib und Füss sogar,
Da heisst er seinen wahren Gott
Hingehn an einen andren Ort.
 
7) Herr Jesus ganz demütiglich,
Mit süssen Worten zu ihm spricht :
„Wo ich hingeh, ruh ich alsdann,
Aber du sollst niemals kein Rast mehr han“.
 
8) Er nimmt alsbald nach selbigem End
Den Stab geschwind in seine Händ,
Verlässt sein Weib und Kind’r  in Schand,
Muss wandern gehen durch alle Land.
 
9) Als er nun vierzehn hundert Jahr
In der Welt herumgewandert war,
Und wie er wieder zu Jerusalem kehrt,
Dort fand er alles gar sehr verstört.
 
10) Dort fand er nichts mehr als ’s heil’ge Grab,
Wo Christus in gelegen hat.
Darbei ruht er ein einzig Nacht,
Alsbald er sich wieder von dannen macht.
 
11) Jetzt muss er wiedrum reisen fort,
Nach Christum unseres Herren Wort.
So manche Tag und manche Nacht
Mit Seufzen, Weinen und grosser Plag.
 
12) Seine Bein, die waren ihm also dick,
Gleichwie zwei Männer so ungeschickt,
Dass sich verwundern all, die ihn sehn,
Von allem seinem Gehn und Stehn.
 
13) Zuletzt man ihn gesehen hat
Zu Würzburg in derselbigen Stadt,
Zu Augsburg und im Frankenland
Zu Ardenn und in ganz Brabant.
 
14) Und wenn er einen Menschen hört,
Der bei dem Leiden Christi schwört,
Den lässt er ungestrafet nicht ;
Mit solchen Wort er zu ihm spricht :
 
15) „O Mensch, steh ab von deiner Sünd,
Wann du willst werden ein Gotteskind !
Hätt’st du gesehn ein solches wie ich,
Gewisslich tätst du bekehren dich.“
 
16) Und die Menschen ermahnt er all so schön,
Sie sollten ab von Sünden stehn.
Ein Engel bei ihm gewesen war,
Der tröstet ihn als immerdar :
 
17) „Christus wird kommen in die Welt,
Und er wird machen der Welt ein End ;
Und hat der Mensch viel Guts getan,
Ein jeder empfängt nach Werken sein Lohn.“
Amen.
 
Source :
« Verklingende Weisen, Lothringer Volkslieder », Louis Pinck, vol. 2,  page 53 (voir bibliographie)
 
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