Treue Liebe

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1) Es steht ein Lind in jenem Tal,
Ist oben breit und unten schmal.
Darauf da sitzt Frau Nachtigal
Und andre Vöglein vor dem Wald.

2) « Sing an, sing an, Frau Nachtigal,
Du kleins Waldvöglein vor dem Wald !
Sing an, sing an, du schöns mein Lieb !
Wir beide müssen scheiden hie. »

3) Er nahm sein Rösslein bei dem Zaum,
Er führt’s wohl zu dem Lindenbaum,
Sie half ihm in den Sattel tief :
« Wann kommst herwider, schöns mein Lieb ? » –

4) « Wann es geht gegen den Sommer,
Will ich herwider kommen her ;
Wann alle Bäumlein tragen Laub,
So schau auf mich, du schön Jungfrau ! » –

5) « Wen setzst du mir zu einem Bürgen ? » –
« Den heilgen Ritter Sankt Jörgen,
So trau du meinem Bürgen wohl,
Dass ich bald wieder kommen soll. »

6) « Es geht wohl gegen den Sommer,
Mein feins Lieb will gar nicht kommen. »
Sie ging spazieren vor dem Holz,
Begegnet ihr ein Ritter stolz.

7) « Gott grüss Euch, Jungfrau reine !
Was macht Ihr hie alleine ?
Ist Euch Vater und Mutter so gram,
Oder habt Ihr heimlich ein Mann ? » –
8) « Vater und Mutter ist mir nicht gram,
Heimlich hab ich wohl ein Mann ;
Dort bei der Linden also breit,
Da schwur er mir ein hohen Eid. » –

9) « Hat er Euch einen Eid geschworn,
Seit wann habet Ihr ihn verlorn ? » –
« So ist es heut ein ganzes Jahr,
Dass ich mein Lieb verloren hab. » –

10) « Was wollt Ihr ihm gar entbieten ?
Ich komm erst von ihm geritten,
So ist es heut der neunte Tag,
Dass man ihm ein Jungfräulein gab. »

11) « Hat man ihm ein Jungfräulein geben,
So will ich beweinen mein jung Leben,
Weil er mir nicht kann sein zu teil,
So wünsch ich ihm viel Glück und Heil.

12) Und kann er mir nicht werden
Der Liebst auf dieser Erden,
So will ich brechen meinen Mut,
Gleich wie das Turteltäublein tut.

13) Es setzt sich auf ein dürren Ast,
Das irret weder Laub noch Gras
Und meidet das Brünnlein kühle
Und trinket das Wasser trübe. »

14) Was zog er ab der Hände sein ?
Von rotem Gold ein Ringelein :
« Seht, schön Jungfrau, das sollt Ihr habn,
Euer Feinslieb sollt Ihr nicht mehr klagn. »

15) Sie warf den Ring wohl in ihr Schoss,
Mit heisser Trän sie ihn begoss.
Sie sprach : « Den Ring will ich nicht habn,
Mein Feinslieb will ich länger klagn. »

16) Da zog er ab sein seiden Hut,
Erst kennet ihn die Jungfrau gut :
« Bist Gott willkomm, du schöns mein Lieb !
Wie lang liesst mich in Trauren hie ? »

17) Da tat ich dich versuchen,
Ob du mir tätest fluchen,
Und hättest mir ein Fluch getan,
So wär ich geritten darvon.

18) Da du mir nicht tatst fluchen,
Des freut sich mein Gemüte,
Du machst mein Herz ganz freudenvoll,
Du freust mich, dass ich dich haben soll. »

(note Lefftz) :
Aus dem handschriftlichen Liederbuch
Der Ottilia Fenchlerin, Strassburg 1592.

Source :
"Das Volkslied im Elsass", Joseph Lefftz, vol. 1,  page 51 (voir la bibliographie)

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