Heimkehrende Wandersmann (der)
1) Müde kehrt ein Wandersmann zurück
In die Heimat, seiner Liebe Glück.
Doch bevor er ging vors Liebchens Haus,
Kauft er für sie den schönsten Blumenstrauss.
2) Und die Gärtnersfrau, so hold und bleich,
Führet ihn zu ihren Beeten gleich,
Und bei jeder Blume, die sie bricht,
Rollen Tränen ihr vom Angesicht.
3) « Warum weinst du, holde Gärtnersfrau ?
Weinst du um der Veilchen Dunkelblau
Oder um die Rose, die du brichst ? » –
« Nein, um dieses alles wein ich nicht ! »
4) Und die Gärtnersfrau, so hold und bleich,
Schluchzet, dass es einen Stein erweicht,
Dann, sich fassend, zu dem Wandrer spricht :
« Warum ich weine ? Ach, du ahnst es nicht !
5) Ich wein nur um den Geliebten mein,
Der gezogen in die Welt hinein,
Dem ich ewige Treu geschworen hab,
Die ich als Gärtnersfrau gebrochen hab.
6) Woher, Wandrer, führt dich das Geschick ?
Warum wirfst auf meinen Ring den Blick,
Der mich täglich, täglich dran ermahnt
An die Treu, die ich gebrochen hab ? » –
7) « Wahre Treue hast du nie gehegt,
Lieber Blumen stets dafür gepflegt,
Darum reich nur, holde Gärtnersfrau,
Einen Strauss, bedeckt mit Tränentau.
8) Mit dem Blumenstrausse in der Hand
Will ich ziehen durch das ganze Land,
Bis der Tod mein müdes Auge bricht.
Lebe wohl, leb wohl, vergiss mein nicht !
9) Bin ich einst ein alter, schwacher Greis,
Meine Haare wie der Schnee so weiss,
Auch dann noch denk ich oft und gern zurück
An unser längstvergangnes Liebesglück. »
Wimmenau 1870
Source
« Das Volkslied im Elsass », Joseph Lefftz, vol. 1, page 199 (voir la bibliographie)