Graf Backewil (Wilhelm a)
1) Höret zu und schweiget still
Wir singen vom Graf Backewil
Wie übel ist es ihm ergangen.
Er ist gezogen im ungrischen Krieg
Bei den Türken lag er’s gefangen.
2) Er isch gefangen scho siwe Johr
Schreibt gar oft um Rantion
Hat niemals eine Antwort empfangen.
Das war dem Herrn eine schwere Buess,
Keinem Menschen kann er es klagen.
3) Er wird vor einem Pflug gespannt
Viel Hunger und Durst er empfand,
Dazu noch hart geschlagen.
Das war dem Herrn eine schwere Buess,
Keinem Menschen kann er es klagen.
4) Er wird verkauft zum dritten Mal
Zum vierten Mal, dass er’s nicht weiss.
Das tuet der Herr verdriesse.
Er ruft sein Diener zu sich
Morgen soll er ihne totschiesse.
5) Du hast mir ja so oft gesagt
Du hättsch ein Gott und er sei so stark.
Bitt ihn in dieser Stunde
Es ist kein Mensch auf dieser Welt,
Der dir jetzt helfen konnte.
6) Graf Backewil kneit siwe Stund
Bis er in Ohnmacht niedersunk.
Und als er tut erwache
Da lag er unter einem Bauim
Ganz nah bei seinem Schlosse.
7) Graf Backewil sah hin und her,
Er sah ein Mägdlein bei der Herd,
Er sprach ganz unverdrossen :
Ach! Mägdlein, liebes Mägdlein mein
Sag, wem gehört denn da dies Schlosse ?
8) Mein liewer Mann, ich will’s euch sagen :
Es gehört dem Graf Backewil.
Er ist schon lang gestorwe
Er isch gezogen in den ungrischen Krieg
Bei den Türken isch er es verdowe.
9) Mein Kind, tu mir’s noch weiter sagen
Was sind es da für Kutsche n’und Wagen ?
Die sich do poschtiere?
Was isch denn heute für ein Fest
Dass alles dort einmarschieret ?
10) Ach! liewer Mann, ich will’s euch sagen
Die gnädige Frau tut Hochzeit halten
Sie lässt sich copulieren
Mit einem Mann von Falkenstein
Darum tut alles dahin marschieren.
11) Hab Dank, hab Dank, liebes Mägdelein mein
Führwahr, ich will auch dabei sein.
Ich will mich adressiere.
Er nahm den Stock in seiner Hand,
Langsam zum Schloss marschiere.
12) Und als er vor die Pforte kam,
Der Pförtner sah ihn ganz sauer an :
Wo kommsch du hargetratte ?
Gschwind pack dich in aller Eil davon :
Heut braucht man keine Bettler.
13) Ach Gott ich bin kein Bettler mehr !
Aus Ungera komm ich erst daher.
Hab noch Kommissionen
Für an die liewe gnädige Frau
Ein Wort mit ihre zu rede.
14) Gschwind pack dich ja nur weit davon
Man braucht heut keine Kommission
Tu nur nit lang dischpetiere
Sonst nehm ich der Stock in meiner Hand
Tu dich damit absolviere.
15) Graf Backewil geht traurig davon
Und wie er ging durch das Tor
Denkt er in seinem Herzen :
Der liebe Gott weiss alles schon
Mir dir will ich nicht scherzen.
16) Der Pförtner macht sich auf geschwind
Er ging zur Braut, wo er sie findt
Tät ihr solches sagen :
Es sei ein Armer vor dem Tor
Mit jammervollem Klagen.
17) Soeben hat er mir gesagt
Aus Ungera käm er’s daher
Und hawe Kommissionen
Für an die liewe gnädige Frau
Ein Wort mit ihre zu rede.
18) Die Herren und Damen sind alle beisammen
Sie wurden von Hofherrn wohl empfange,
Sprach einer zu dem anderen :
Es steht ein Armer vor dem Tor
Mit jammervollem Klagen.
19) Lasst mir nur kommen den Armen daher
Will sehen, was sein Begehren wär,
Will hören seine Klagen.
Will wissen was er von mir begehrt
Eh es zur Kirche läutet.
20) Gnädige Frau, gebt mir Gehör :
Aus Ungera komm ich erst daher,
Türkei bin ich durchgange.
Ich sah den Herrn Graf Backewil
Sehr übel ist es ihm ergange.
21) Ach könntest du mir noch weiter sagen,
Was tut er für eine Kleidung tragen,
Was trägt für ein Kittel?
Was trägt für eine «Libertée » (livrée)
Was führt er für ein Titel ?
22) Er trägt einen langen, leineren Rock
Kein Hut hat er auf seinem Kopf
Keine Schuhe an seinen Füssen.
Die Lebensnahrung wo er hat,
Muss er mit den Hunden geniessen.
23) Ach könntest du mir noch weiter sagen :
Wo könnt ich ihn treffen an
Wo könnt ich ihn antreffen ?
Ich möcht dich gern mein Leben lang
Als mein eigenes Kind anrechnen.
24) Ach gnädige Frau, wollt sie das tun,
So gebt sie Ihre Hand dazu :
Sieh da den kleinen Finger,
Ach Schatz, wenn du mich gar nicht kennst
Kennsch doch das goldne Ringel.
25) Und als sie da den Ehring sah
Fiel sie dem Markgraf um den Hals :
Fahret fort, ihr Kutscha und Wage
Mein erschter Mann, der lebt ja noch,
Kein andrer soll mir noch werden.
26) Die Herren und Damen waren alle erfreut
Und dankten Gott in Ewigkeit
Von wàge solchà Dingà.
Dem Bräutigam aber war es leid,
Dass er hat miesse lààr vo hinne.
Oderen 1937 – Masevaux 1945
Source :
"Vieilles chansons alsaciennes", François Wilhelm, p. 18 à 29 (voir la bibliographie)